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Natur als Vorbild für materialsparendes Bauen Holzpavillon BUGA Heilbronn

Natur als Vorbild für materialsparendes Bauen

Schlagworte

Holzbau-Referenz
MLR
Projekte und Maßnahmen
Bauvorhaben des Landes
Sonderbau
Forschungsprojekt
2019

Projektdetails

ProjektartLandeseigenes Bauvorhaben und Forschungsprojekt
GebäudetypSonderbau
Ort74076 Heilbronn am Neckar
Fertigstellung2019
FördernehmerUniversität Stuttgart, Stuttgart
ProjektförderungLand Baden-Württemberg, EFRE Europäische Union, GETTYLAB, DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft
BilderICD/ITKE Universität Stuttgart, Roland Halbe, BUGA Heilbronn 2019

Details zum Projekt

Auf Basis zweier Forschungsvorhaben haben das Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) und das Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart für die Bundesgartenschau 2019 einen biologisch inspirierten Holzpavillon entwickelt. Als Vorbild für die segmentierte Schalenkonstruktion dienen die biologischen Prinzipien des Plattenskeletts von Seeigeln, die vom ICD und dem ITKE der Universität Stuttgart seit beinahe einem Jahrzehnt erforscht werden.
Die Prämisse für den Pavillon in Heilbronn lautete: Maximale Spannweite bei minimalem Materialeinsatz, effizient, wirtschaftlich, ökologisch und ausdrucksstark. Die doppelt gekrümmte Holzschale überspannt einen der zentralen Konzert- und Veranstaltungsorte der BUGA 2019. Mit einer stützenfreien Spannweite von 30 m bei nur 38 kg/m² Gewicht demonstriert der Holzbau eindrucksvoll die Möglichkeiten digitaler Technologien und die strukturelle Leistungsfähigkeit biomimetischer segmentierter Holzschalen – ganz nach dem Prinzip „weniger Material“ durch „mehr Form“. Die Holzschale setzt sich aus polygonförmigen Holzkassetten zusammen. Nachts erleuchten in die Konstruktion eingebettete LEDs den Pavillon.


 

Bauherr: BUGA Heilbronn 2019 GmbH, Heilbronn am Neckar
Eigentümer: Land Baden-Württemberg
Entwurf, Konzeption und Konstruktion: ICD – Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung, Universität Stuttgart (Prof. Achim Menges, Martin Alvarez, Monika Göbel, Abel Groenewolt, Oliver David Krieg, Ondrej Kyjanek, Hans Jakob Wagner), Stuttgart
ITKE – Institut für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart (Prof. Jan Knippers, Lotte Aldinger, Simon Bechert, Daniel Sonntag), Stuttgart
Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH, Heilbronn am Neckar
Tragwerksplanung: ITKE – Institut für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen, Universität Stuttgart (Prof. Jan Knippers, Lotte Aldinger, Simon Bechert, Daniel Sonntag), Stuttgart
Entwicklung Roboter-Holzfertigungsplattform: ICD – Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung, Universität Stuttgart (Prof. Achim Menges, Martin Alvarez, Monika Göbel, Abel Groenewolt, Oliver David Krieg, Ondrej Kyjanek, Hans Jakob Wagner), Stuttgart
BEC GmbH (Matthias Buck, Zied Bhiri), Pfullingen
Ausführung (Holzbau): müllerblaustein HolzBauWerke GmbH, Blaustein
Auszeichnungen: ICONIC AWARDS 2019
Nachhaltigkeitspreis im Feld „Architektur“ mit Sonderpreis Digitalisierung 2019

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Forschung für das Land

Bauen wie die Zukunft baut: Diese Vision hatte das Land Baden-Württemberg bei der Entwicklung des BUGA Holzpavillons fest im Visier. Wenngleich der Bau des Pavillons keine direkte Förderung im Sinne eines EFRE HIP Projekts erhielt, so hängt dieser doch eng mit zwei hierüber geförderten Forschungsvorhaben des ICD/ ITKE der Uni Stuttgart zusammen.

Robotik im Holzbau 


Im Mittelpunkt des Forschungsprojekts Uni S – Institut für computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung – Prof. Achim Menges „Robotik im Holzbau“ stand der Einsatz von Industrierobotern im Rahmen der anwendungsnahen Entwicklung eines neuartigen, robotisch gefertigten Holzleichtbausystems. Dieses sollte durch einen realisierten Baukörper überprüft und evaluiert werden.

Den Anstoß für diese Studie gab die zunehmende Verschiebung der Leistungsanforderungen im Holzbau von einer ursprünglich handwerklichen Bearbeitung über die serielle Vorfertigung in Richtung verstärkt digitalisierter Fertigungsverfahren. Hierbei erweitern Industrieroboter das Anwendungsspektrum der digitalen Fabrikation, indem sie möglich machen, was sich durch etablierte, prozessspezifische, computernumerisch gesteuerte (CNC) Werkzeugmaschinen nicht oder nur aufwendig realisieren lässt. Anspruchsvolle Programmierung bietet wiederum die Chance, die vergleichsweise kostengünstige und technisch ausgereifte Robotertechnologie als technologischen und wirtschaftlichen Vorteil für hochqualifizierte klein- und mittelständige Holzbauunternehmen in Baden-Württemberg zu nutzen.

Holzbau 4.0

Ziel des ebenfalls geförderten Forschungsprojekts Uni S – Institut für computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung – Prof. Achim Menges „Holzbau 4.0“ ist es, die Potentiale der Industrie 4.0 und der damit einhergehenden Digitalisierung der Fertigungstechnik und Logistik auf die robotische Vorfertigung im Holzbau zu übertragen und so neue, innovative Produktionsprozesse zu entwickeln. Durch die Integration von computerbasierten Entwurfsmethoden, statischer Optimierung, digitaler Fertigung, robotischer Montage und Qualitätssicherung sollen adaptive und materialeffiziente Konstruktionssysteme beispielhaft erarbeitet werden. Im Fokus stehen dabei alle Aspekte der cyber-physischen Produktion: Subtraktive Fertigung der Einzelteile, additive Montage der Bauteile zu vorgefertigten Baugruppen, digitalisiertes Identifizieren, Handhaben, Platzieren und Fügen von Bauteilen, intelligente Logistik sowie Feedback und Qualitätssicherung. Gewünscht ist nicht die Vollautomatisierung, sondern ein „gleitender Automatisierungsgrad“, der die Kombination der Stärken von Handwerk und Robotik ermöglicht.

14-achsige Holzfertigungsplattform übernimmt alle Produktionsschritte

Im Rahmen des Projekts wurden vom ICD Universität Stuttgart und der BEC GmbH eine neuartige, transportable, 14-achsige Roboter-Holzfertigungsplattform entwickelt. Mit ihrer Hilfe konnten die 376 maßgeschneiderten Segmentbauteile und die 17.000 verschiedenen Keilzinkenverbindungen des Pavillons automatisiert gefräst und zusammengebaut werden. Dabei konnte eine Bautoleranz von weniger als einem Millimeter erreicht werden.

Fertigung Schritt für Schritt


Die Holzschale des Pavillons setzt sich aus polygonförmigen Holzkassetten zusammen, die jeweils ein Ring aus Balken mit beidseitiger Beplankung aus Holzwerkstoffplatten bildet. Sie wurden im Werk komplett vorgefertigt: Im ersten Fertigungsschritt bauten die beiden, auf einem 20-Fuß Standard-Containerboden montierten Schwerlastroboter zunächst die Holzkassetten zusammen. Sie platzierten die vorformatierten Holzplatten und -balken, brachten den Klebstoff zwischen Platten und Balken kontrolliert auf und sicherten temporär deren Lage mit Buchennägeln für den Trocknungsvorgang. Im Anschluss wurden in die montierten Segmente die maßgeschneiderten Keilzinkenverbindungen und Öffnungen mit 300 μm Genauigkeit gefräst. Von der Montage der Balken und Platten über das Fräsen mit unterschiedlichen Werkzeugen bis hin zur sensorbasierten Prozess- und bildbasierten Qualitätskontrolle – alles geschah vollautomatisch, gesteuert von einem direkt aus dem computerbasierten Modell erzeugten Robotercode. Im Durchschnitt dauerte das robotische Fügen acht Minuten pro Segment, das Hochpräzisionsfräsen weitere 30 Minuten. Sie wurden auf dem BUGA-Gelände im freien Vorbau mit wiederverwendbaren Bolzen montiert. Unbehandelte Lärchenplatten bilden die Außenverkleidung des Pavillons, darunter verlegte EPDM-Folie sorgt dafür, dass kein Wasser in die Konstruktion eindringt. Nachts erleuchten in die Konstruktion eingebettete LEDs den Pavillon.

Die Forschung an digitalen Holzbausystemen wird im Rahmen des Exzellenz-Clusters “Integratives Computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur” an der Universität Stuttgart fortgesetzt.

Projektbeschreibung: Christine Ryll

Links

www.icd.uni-stuttgart.de
www.janknippers.com
www.muellerblaustein.de
www.mikado-online.de
www.ernst-und-sohn.de


Die Forschungsprojekte werden kofinanziert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).